Die Welt im Glas - Teil 2: Tage des Schicksals

  • Zusammenfassung
    Die Menschen denken über ihr Schicksal im Terrarium nach. Es gibt einen schockierenden Rückblick.
    Enthält
    shrink
    Blutig
    Nein
    Autor
    gigafan und seine KI

    Nachdem Anja mich in ihre bizarre Miniaturwelt gesperrt hatte, vergingen die ersten Tage wie im geistigen Nebel. Zum Glück für mich, aber natürlich zum Leid der anderen, war ich nicht allein. Überall in dem gläsernen Terrarium lebten Menschen – verstörte, verängstigte und gebrochene Individuen, die ebenfalls Opfer von Anjas Macht geworden waren. Wir bewegten uns in den engen „Straßen“ wie Insekten in einem Käfig und mussten warten, bis Anja genügend Häuser rangeschafft hatte. Besonders makaber war das „Kunstwerk“, das sie in der Mitte auf unserem Dorfplatz montiert hatte: es war ein altes, hölzernes 30-Zentimeter-Lineal, das für uns gefühlt 30 Meter in die Höhe ragte. Es fühlte sich surreal an, doch je länger ich hier war, desto mehr wurde es zur neuen Realität. Trotz der Umstände war Anja gut zu uns, sie gab uns Essen und Wasser, das Terrarium war immer sauber. Aber wer wusste schon, welche Pläne sie schmiedete?

    Eines Tages freundete ich mich mit einer kleinen Gruppe an. Wir trafen uns heimlich hinter einer Reihe von Miniaturbäumen, die einen kleinen Park bildeten. Dort, verborgen vor Anjas interessierten Augen, begannen wir, unsere Lage zu diskutieren. Ich stellte die Frage, die uns alle quälte: "Warum merkt eigentlich draußen niemand, was hier vor sich geht? Wo ist die Polizei? Wo ist das Militär? Warum greift niemand ein?"

    Die Gruppe verstummte. Jeder schien darüber nachzudenken, doch keiner hatte eine Antwort. Wir hatten gehofft, dass die Außenwelt uns vermissen, dass jemand Anjas finstere Taten bemerken und eingreifen würde. Doch rein gar nichts passierte.

    "Hey", rief jemand von der anderen, dunklen Seite des Parks herüber. Es war eine Frau mit kurz geschnittenen Haaren, die in einem alten, abgetragenen Uniform-Hemd steckte. "Weil wir auch hier sind!" Ihre Stimme klang rau, als hätte sie schon lange nicht mehr laut gesprochen.

    Verwirrt drehten wir uns zu ihr um. "Wie meinst du das?", fragte ich und trat einen Schritt näher.

    Die Frau kam aus dem Schatten hervor. "Ich bin... ich war Polizistin. Mein Team und ich wurden entsandt, um das Verschwinden von mehreren Menschen zu untersuchen. Ja, wir hatten Hinweise, die zu Anja führten. Wir fanden sie. Und bevor wir überhaupt reagieren konnten, hat sie uns…" Ihre Stimme brach ab, als sie die Arme ausbreitete und auf ihre winzige Gestalt hinwies, "…auf das hier reduziert."

    Ein kaltes Kribbeln lief mir über den Rücken. "Wie viele von euch sind hier?"

    "Unzählige, und es sind nicht nur Polizisten", antwortete sie. "Militärs, Ermittler, selbst Reporter, die angefangen haben, Fragen zu stellen. Sobald jemand zu nahe an die Wahrheit kommt, schnippt sie einfach – und sie landen alle hier. Gerüchtweise sollen sogar mehrfach geschrumpfte unter ihnen sein."

    Die Gruppe war sprachlos. Ich spürte, wie mir die Kehle trocken wurde. "Das bedeutet, sie ist… unaufhaltsam?"

    Die Polizistin sah mich an, ihre Augen voller Wut und überspielter Hoffnungslosigkeit zugleich. "Bisher war es so. Aber wir sind viele. Wenn wir einen Weg finden, sie zu überlisten, könnten wir sie stoppen... vielleicht."

    Vielleicht. Ein kleines Wörtchen, und schon war die gesamte Hoffnung dahin. Mir wurde klar, wie weit Anjas Kontrolle reichte. Ihre Macht war nicht nur die einer schrulligen Einzelgängerin – sie war zur Göttin geworden, die eine ganze Unterwelt aus Menschen kontrollierte, die einst versucht hatten, sie zu stoppen.

    Als ich mich in der Nacht hinlegte, kreisten meine Gedanken weiter: sind wir wirklich 'viele'? Würde es nicht auch Menschen geben, die das hier nicht als Gefängnis sehen? Unter Umständen haben sie hier mehr als in ihrem alten Leben. Genug Essen, kaum körperlich anstrengende Arbeit. Im Grunde viel Freizeit.

    Vermutlich wäre es eh keine gute Idee, Anja zu provozieren. Überhaupt, diese Gerüchte der Mehrfachschrumpfung, da wurde mir richtig mulmig, dieses furchtbare Schicksal sollte mich auf keine Fall ereilen. Oder hat sie es mir und den anderen aus dem Park schon angetan, ohne dass wir es gemerkt hatten? Was, wenn das 30-Zentimeter-Lineal in Wirklichkeit nur noch 30 Millimeter groß war?

    Und was wäre erst los, wenn hier drin mal eine neue Generation entsteht, eine, die nur das hier kennt? Da unsere Körperfunktionen "normal" arbeiteten, war das durchaus denkbar und Anja würde das sicher gefallen - nur wir alten würden verzweifeln...

    "Oh Anja, was ist aus dir geworden", waren die letzten Gedanken, bevor ich in einen unruhigen Schlaf fiel.


    Rückblende: Die Nacht, in der alles still wurde

    Es war spät in der Nacht, als Anja das erste Mal aufgescheucht aus dem Fenster ihres Hauses blickte. Das orangefarbene Straßenlicht flackerte auf dem Gehweg, und in der Ferne konnte sie das dumpfe Summen von Fahrzeugen hören, das näher kam. Anja lächelte. Sie wusste, dass dieser Moment irgendwann kommen würde. Aber sie hatte keine Angst. Im Gegenteil – sie hatte sich darauf gefreut.

    Der Konvoi aus mehreren schwarzen SUVs und einem gepanzerten Militärfahrzeug rollte langsam die Straße entlang. Die schweren Motoren und zwei Helikopter brummten wie eine bedrohliche Vorankündigung des Unvermeidlichen. Sie kamen, um sie zu holen. Sie kamen, um diese Macht zu beenden, die sie für sich entdeckt hatte. Aber sie hatten keine Ahnung, dass es nicht funktionieren würde.

    Die Fahrzeuge hielten an. Türen schlugen auf, und bewaffnete Polizisten sowie Soldaten in voller Montur stiegen aus. Die Anführer gaben Befehle, laut und bestimmt, die Stimmen hallten durch die ruhige Nacht. Sie hatten das Haus umstellt, machten sich bereit, jede Bewegung zu unterdrücken, die von innen kommen könnte.

    Anja stand inzwischen in ihrer Küche, starrte auf die Tür und hielt die Hand leicht erhoben, die Finger bereit zum Schnippen. Ihr Herz schlug ruhig. Kein Zittern, kein Zögern. Sie wusste, was gleich geschehen würde.

    Mit einem lauten, donnernden Schlag brach die Haustür auf. Maskierte Polizisten mit Schutzschildern und Waffen stürmten herein. Die Luft war erfüllt vom Rauschen schwerer Schritte und dem metallischen Klicken ihrer Ausrüstung.

    "Anja Müller!" rief der Anführer des Trupps. "Legen Sie sich auf den Boden! Sie sind verhaftet!"

    Doch sie lächelte nur. Die Soldaten und Polizisten, die gerade die Wohnung stürmten, sahen sich ratlos um. Es war zu ruhig hier drinnen. Nichts hatte sie auf diese unheilvolle Stille vorbereitet.

    Anja sah dem Anführer des Trupps in die Augen. Seine Waffe war auf sie gerichtet, seine Hand zitterte leicht, aber er hielt die Fassade aufrecht.

    "Ich gebe euch eine letzte Chance", sagte Anja hingegen ruhig und hob langsam ihre Hand. "Geht. Oder bleibt für immer."

    "Auf den Boden! Sofort!", schrie er erneut, doch seine Stimme zitterte nun spürbar.

    Dann schnippte sie.

    Es gab keinen Knall, keinen Blitz, keinen Donnerschlag. Nur ein leises Zischen, das für einen Moment die Welt erfüllte. Die Polizisten und Soldaten, die die Wohnung betreten hatten, begannen zu schrumpfen. Ihre Körper zogen sich zusammen, die Waffen fielen klappernd zu Boden, als ihre Hände zu klein wurden, um sie noch zu halten. Die Schutzschilde, die Uniformen – alles wurde nutzlos, während sie auf die Größe von Spielzeugfiguren reduziert wurden.

    Die Schreie der Männer und Frauen wurden höher und dünner, bis sie nur noch ein leises Wimmern waren. Panik griff um sich, doch es gab keinen Ausweg. Sie fielen zu Boden, ihre Miniaturkörper liefen orientierungslos durch die riesig gewordene Wohnung. Manche versuchten, sich zu verstecken, doch es gab keinen Ort, der vor Anjas Blicken sicher war.

    Draußen in den Fahrzeugen warteten weitere Einsatzkräfte, aber sie merkten schnell, dass etwas nicht stimmte. Funksprüche blieben unbeantwortet. Vorsichtig machten sich mehr Polizisten und Soldaten bereit, um das Gebäude zu betreten.

    Anja stand ruhig inmitten des Chaos, das sie selbst ausgelöst hatte. Mit einer flinken Bewegung hob sie die geschrumpften Gestalten auf, eine nach der anderen, und ließ sie in das Glasgefäß gleiten. Ihre Bewegungen waren beinahe liebevoll, als sie ihre neuen "Mitbewohner" einsammelte. Das Terrarium war bereit – bereit für eine neue Welle von Opfern.

    Schließlich trat sie ans Fenster und schaute hinunter auf die wartenden Fahrzeuge. Sie sah die Männer und Frauen, die sich unsicher umblickten, die Waffen im Anschlag, bereit, gegen etwas zu kämpfen, das sie nicht verstehen konnten. Anja hingegen wusste, dass ihr Traum der perfekten Miniaturwelt hier nicht enden würde.

    Mit einem Lächeln hob sie die Hand, schnippte erneut. Innerhalb von Sekunden veränderte sich die Welt der wartenden Männer und Frauen in Uniform dramatisch. Zuerst spürten sie eine seltsame Schwere in ihren Gliedern, als ob die Luft selbst plötzlich dichter geworden wäre. Dann sahen sie, wie sich die Umgebung um sie herum zu verändern begann. Ihre Fahrzeuge, die Waffen, die Umgebung – alles schien zu wachsen, gigantisch und unheimlich. Panik brach aus, als die Offiziere realisierten, dass sie nicht in einer veränderten Welt standen, sondern selbst dramatisch kleiner wurden.

    Die kompletten Einheiten des Militärs und der Polizei schrumpften rapide auf die Größe von Insekten. Ihre Fahrzeuge wurden zu riesigen, unüberwindbaren Bergen aus Metall. Die Hubschrauber, die den Himmel überwachten, stürzten unkontrolliert ab, als ihre Piloten zu winzigen Figuren in den Cockpits wurden.

    Anja ging durch die aufgebrochene Haustür. "Oh! Oh! Oh! Die Fahrzeuge muss ich ja auch noch wegräumen", kicherte sie voller Vorfreude. Als sie den Prozess startete, übersah sie allerdings in der Eile, dass noch Menschen in den Autos eingesperrt waren, die bereits die erste Schrumpfung mitgemacht hatten. Ein in der ersten Runde geschrumpfter Polizist eilte zu seinem nun wieder verhältnismäßig großen Einsatzfahrzeug und riss die Tür auf. Er konnte kaum glauben, was er sah: im Fußraum des Beifahrersitzes lag seine Kollegin, in Tränen aufgelöst. Er hob sie sie hoch, denn sie passte spielend in seine Handfläche - eine Handfläche, die selbst kaum einen Millimeter breit war. Anja hatte durch die doppelte Anwendung ihrer Kräfte unbewusst eine Reihe von Terrariumsbewohnern geschaffen, die fast schon auf mikroskopisch kleiner Ebene unterwegs waren.

    Diese Einzelschicksale kümmerten sie aber wenig, sie machte sich nun daran, die winzigen Kreaturen und Fahrzeuge einzusammeln. Vorsichtig setzte sie sie in das Terrarium, wo sie sich bald dem Rest ihrer neuen, verkleinerten Welt anschlossen.

    Von diesem Moment an herrschte absolute Stille vor Anjas Haus. Kein Funkspruch ging mehr raus, keine Rettungstruppen kamen mehr. Die Stadt war wie leergefegt von denen, die sie hätten beschützen sollen – und niemand in der Außenwelt würde je erfahren, was in dieser Nacht wirklich geschehen war.

    ---

    Sollte es mal eine Verfilmung geben, das hier wäre das Filmposter 8o

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    2 Mal editiert, zuletzt von Graf Shrinkula (31. August 2024 um 23:18)

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